Kritik und Kontakt
Idee und Gestaltung: Andechser Straße 1
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Weitere Projekte: "Das war eine Nacht! Wilhelm! nun überstehe ich alles. Ich werde sie nicht wieder sehn! O daß ich nicht an deinen Hals fliegen, dir mit tausend Tränen und Entzückungen ausdrücken kann, mein Bester, die Empfindungen, die mein Herz bestürmen." Diese Zeilen schrieb der junge Werther am 10. September 1771 an seinen Freund Wilhelm, dem der unglücklich Liebende bis zu seinem Freitod in mehr als 90 Briefen das Herz ausschüttete. 230 Jahre später schreibt Werther wieder - diesmal per E-Mail. Und jeder kann an Wilhelms Stelle treten, denn Goethes "Die Leiden des jungen Werther" liegt jetzt in einer E-Mail-Edition vor. Unter www. die-leiden-des-jungen-werther.de trägt man seine Mailadresse ein, und Werther wird einem fortan schreiben: täglich, werktags oder an den Terminen, als er auch an Wilhelm schrieb. Wer die Briefe lieber auf Englisch lesen möchte, klickt www.the-sorrows-of-young-werther.com an. Aber auch Frankophile werden fündig, unter www.les-liaisons-dangereuses.com findet sich ein französischer Briefroman als elektronische Post: Die "Gefährlichen Liebschaften" von Choderlos De Laclos. Der erotische Briefroman wurde 1782, acht Jahre nach Goethes Werk, anonym veröffentlicht und löste damals einen Sturm der Entrüstung aus. Laclos hielt seinen Zeitgenossen einen Spiegel vor und beschrieb, wie emotions- und schonungslos die Liebe vom dekadenten Hochadel betrieben wurde. Beiden Romanen gemeinsam ist das tödliche Ende. Gemeinsamkeiten haben auch die beiden E-Mail-Editionen: Zum einen fallen die Web-Auftritte durch liebevoll gestaltete Einführungen ins Auge, zum anderen wurden beide Online-Ausgaben von den Münchener Studenten Thilo von Pape und Gerhard Rolletschek geschaffen. Der 23-jährige von Pape ist auch der Schöpfer von www.rilke.de, einer umfangreichen Website über den Dichter. Dafür erntete der angehende Kommunikations- wissenschaftler zu Recht einhelliges Lob. Sein Angebot umfasst nicht nur Informationen über Leben und Werk, sondern man kann sich auch Gedichte suchen lassen und in Rilkes Briefen oder den kompletten "Aufzeichnungen Malte Laurids Brigge" lesen. Außerdem gibt es ein Diskussionsforum, Lesetipps und sogar Lyrik fürs WAP-Handy.
Post vom leidenden Werther - Wenn das der gute alte Goethe noch erleben könnte: Den Briefwechsel aus seinem Buch "Die Leiden des jungen Werther" zwischen Werther und seinem Freund Wilhelm kann man jetzt hautnah miterleben. Melden Sie sich einfach auf dieser Internet-Seite als "neuer Wilhelm" an, und schon wird Ihnen Werther per E-Mail schreiben (09/2001).
Und darum wird Werther jetzt Ihnen schreiben. Denn Goethes "Leiden des jungen Werther" gibt es nun auch als E-Mail-Edition. Man trägt einfach die eigene E-Mailadresse ein und bekommt Werthers Briefe zugeschickt - täglich, werktags oder an den Tagen, an denen der unglücklich Liebende vor 230 Jahren auch an seinen Freund schrieb. Bis zu Werthers Tod erhält man so 98 Briefe, inklusive der Notizen und Kommentare des Herausgebers. Ausgedacht haben sich das zwei 23-jährige Studenten, Thilo von Pape und Gerhard Rolletschek. Von Pape studiert Kommunikations- wissenschaft, Rolletschek Mediävistik, auf die Idee kamen die beiden bei ihrer Arbeit im EDV-Labor für Sprache und Literatur an der Münchner Uni.
Schon allein das liebevoll gestaltete Intro lohnt einen Besuch auf der Werther-Site - und Goethe kann man ja auch einmal wieder lesen.
Am 21. November
Sie sieht nicht, sie fühlt nicht, daß sie ein Gift bereitet, das mich und sie zugrunde richten wird; und ich mit voller Wollust schlürfe den Becher aus, den sie mir zu meinem Verderben reicht. Was soll der gütige Blick, mit dem sie mich oft - oft? - nein, nicht oft, aber doch manchmal ansieht, die Gefälligkeit, womit sie einen unwillkürlichen Ausdruck meines Gefühls aufnimmt, das Mitleiden mit meiner Duldung, das sich auf ihrer Stirne zeichnet?
Stellen Sie sich vor, Sie erhielten in regelmäßigen Abständen E-Mails wie diese. Die Sprache fiele Ihnen vermutlich als reichlich oldfashioned auf, und es würde Sie höchlichst irritieren, immer mal wieder als "Wilhelm" angesprochen zu werden, wo Sie einen Wilhelm nicht einmal in Ihrem Bekanntenkreis haben. Insgesamt aber bekäme das Schreiben, allein durch die moderne Form seiner Übermittlung, einen Anstrich von - nun ja, wohl nicht Authentizität (Sie würden vermutlich immer noch denken: "So empfindet heute doch nur noch jemand, der zu viel Goethe gelesen hat; das ist ja die reinste Überspanntheit!"), aber doch von Autorität. Sie würden dem Schreiben, wie man früher sagte: Gehör schenken. Sie würden aufmerken. Sie bekämen einen Blick auf das, was Ihnen da erzählt wird. Denn das Medium verabreicht, wie Marshall McLuhan es vorhergesehen hat, der Message eine Frischzellenkur. Der Text, schon an die Schullektüre verloren geglaubt, ist wieder da.
Dank des Mediums Newsletter findet Johann Wolfgang von Goethes vor 230 Jahren geschriebener Briefroman "Die Leiden des jungen Werther" zu einer unvorhergesehenen Form von Aktualität. Nicht zuletzt beruht diese wohl auch darauf, dass Sie, wenn Sie sich anmelden, sehr interaktiv in die Handlung einbezogen werden: als Brieffreund Wilhelm nämlich, als Empfänger der Schreiben des unglücklich Liebenden.
Dabei steht es Ihnen frei, ob Sie die 98 Briefe Ihres unglücklichen Freundes eher im postmodernen Rhythmus empfangen wollen, im täglichen Turnus nämlich, oder, ganz wie zu Goethes Zeiten, als der Gang der Dinge noch etwas gemächlicher war, an den vom Autor vorgesehenen Tagen. Oben stehende Epistel etwa würde Ihnen dann tatsächlich am 21. November mitteilen, wie die Aktien in Wetzlar stehen. Diese realzeitliche Version bietet zudem den Vorteil, dass Sie jeweils die entsprechende Stimmung der Jahreszeiten mitempfinden könnten. (Natürlich kann die Fiktion, Sie seien Wilhelm, so und so nicht ganz aufgehen. Denn Wilhelm, hätte es ihn denn gegeben, hätte der Begriff "Echtzeit" allenfalls ein verstörtes Grinsen aufs Gesicht gezaubert. Aber Ihr E-Mail-Dienst, auch das liegt auf der Hand, kann natürlich keine Postkutsche vorfahren lassen.) Für welche Möglichkeit Sie sich aber auch immer entscheiden: daran, dass am Ende kein Geistlicher Wilhelms Sarg begleitet - daran wird auch die Internettechnologie nichts ändern können. Und da kann Ihr Zeitvorteil ganz schnell in einen Nachteil umschlagen.
Ersonnen haben das virtuelle Briefprojekt der Kommunikations- wissenschaftler Thilo von Pape und der Mediävist Gerhard Rolletschek im EDV-Labor für Sprache und Literatur an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Die Anregung zu diesem Tipp gaben Danica Krunic und Robert Mattheis.
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You may be familiar with e-books - digital versions of novels and other literary works. We wrote about the topic of e-books in German earlier in "German in Your Palm." But now it's possible to receive daily installments of Goethe's epistolary novel (Briefroman, "letter novel") Die Leiden des jungen Werthers / The Sorrows of Young Werther, delivered each day via email. (In Goethe's time "Werther" took an s-ending, today it's just plain "des Werther" - pron. VER-ter.)
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) published his worldwide bestselling novel in 1774. Die Leiden des jungen Werther spread rapidly across German-speaking Europe and then around the world in many languages, including English. The Sorrows of Young Werther appeared in the United States in 1775. Goethe's Briefroman was written in the form of a series of letters (dated 1771) that the fictional "young Werther" sent to his friend Wilhelm. Through the letters we learn about the places Werther visits, as well as his pain and suffering connected with a love interest. Things end badly when Werther takes his own life over unrequited love. Goethe's book became a huge bestseller at the time. But it also had an unfortunate side effect: it is said to have inspired copycat suicides all around the globe in the 1770s.
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